Judith Holofernes liest aus ihnem Gedichtband Du bellst vor dem falschen Baum
Austrofred bei seiner Performance auf der Open Stage |
Erster Tag der Frankfurter Buchmesse Mein Buchmessetag – von Svenja Gabriel-Jürgens Die Frankfurter Buchmesse – klar, davon gehört hatte ich schon oft. Nur selbst mittendrin und voll dabei zu sein, das hatte ich bisher noch nicht geschafft. Leider. Umso aufgeregter und neugieriger war ich, als es heute Morgen dann auch für mich endlich hieß: Es geht zur Buchmesse. In der Messehalle angekommen, wusste ich tatsächlich erstmal gar nicht, wo ich zuerst hingucken sollte. Überall stapelten sich die verschiedensten Bücher. Groß, klein, dick, dünn, wahnsinnig aufwändig gestaltet oder schlicht - hier ließe sich sicher für jeden die passende Lektüre finden. Nach diesem amüsanten Zwischenstopp ging es für mich in das ARD Forum und einem ganz anderen Genre von Literatur. Feridun Zaimoßlu stellte seinen neuen Roman Siebentürmeviertel vor. Besonders interessant an diesem Werk ist, dass der Autor hier seine eigene Geschichte umdreht. Selbst in der Türkei geboren, wuchs Zaimoßlu in Deutschland auf. In seinem in den 30er Jahren spielenden Roman entschied sich der Autor dafür, einen deutschen Jungen und dessen Vater aus Nazi-Deutschland nach Istanbul fliehen zu lassen. Vor allem der Tod sei in dem Buch eine massive Figur und ständig präsent. Für Zaimoßlu war das Schreiben des Buches daher keine leichte Aufgabe und äußerte sich vor allem in der Schwierigkeit, Nachts zur Ruhe zu kommen. „Wenn es mir nicht gut geht, ist es gut für den Roman“, verriet er.
Erneut ein ganz anderes Thema stand bei meinem letzten Programmpunkt für diesen Buchmessetag auf dem Plan. Ebenfalls auf der ARD Bühne wurde nun Oliver Rohrbeck, der Held meiner Kindheit (und eigentlich auch heute noch), begrüßt. Vielen vielleicht eher als Justus Jonas von den drei Fragezeichen bekannt, erzählte der Synchronsprecher von den Liveauftritten ebendieser und seinen vielen weiteren Projekten. Etwas irritierend war es schon, den 50-Jährigen Herren mit Glatze auf der Bühne sitzen zu sehen und gleichzeitig das Bild des 18-Jährigen Justus Jonas vor Augen zu haben. Den Traum des ewigen Teenagers – kaum jemand kann diesen so ausleben wie Rohrbeck. Genau dies sei auch der Punkt, weshalb ihm Hörspiele so gefallen, erklärt er. Der Zuhörer wird in eine Welt der Phantasie gelockt und schafft sich dort sein eigenes Reich. |
Mein Buchmessetag – von Svenja Gabriel-Jürgens
Heute startete der für mich zweite Tag auf der Frankfurter Buchmesse. Gespannt, was mich diesmal so alles erwarten würde, war ich natürlich trotzdem. Gleich zu Beginn ging es gut los: Karl Wolfgang Flender stellte seinen Debütroman Greenwash Inc. vor. In diesem geht es um den ehemaligen Journalisten Thomas Hessel, der nun Karriere in einer PR-Agentur macht. Imagekampagnen für Firmen entwerfen oder Fairtrade-Zertifikate erstellen – in äußerst zynischem Ton nimmt Flender die PR-Branche unter die Lupe. Auf dieses Thema gekommen sei er beim Kauf von Schokolade und Kaffee. „Ich habe nachgeforscht und herausgefunden, dass Labels teilweise erfunden sind“, erzählte der Autor im Gespräch mit Lektor Jan Valk. Mit diesem Wissen ist sein Roman entstanden. Die Ausschnitte, die Flender im Anschluss vorlas, waren sowohl böse als auch sehr unterhaltsam. Definitiv ein Buch, dass schon bald einen Platz in meinem Bücherregal finden wird.
Ostfriesenwut von Klaus-Peter Wolf lässt Heimatgefühle für mich aufkommen.
Die Frankfurter Buchmesse gestaltet sich dieses Jahr sehr politisch...
Der erste Star Wars-Poetry Slam
Ein Blick auf die Messe von oben.
Und überall Bücher... |
Da bis zu meinem nächsten mir vorgenommenen Termin noch etwas Zeit blieb, schlenderte ich wie auch bei meinem letzten Besuch der Buchmesse durch die Messehallen und sah mir Bücher an. Am Stand des Fischer-Verlages fiel mir dann plötzlich ein ganz besonderes Buch ins Auge. Ostfriesenwut von Autor Klaus-Peter Wolf. Da ich selbst ursprünglich aus dem hohen Norden komme und auch die Buchreihe, die in meiner Heimatgegend spielt, bereits gelesen habe, stellte sich in Frankfurt fast schon ein Heimatgefühl ein. Schnell ein Foto und weiter ging es. |
Mein Buchmessetag – von Daniel Schneider
Der Tag beginnt beim 3sat-Gespräch mit dem mittlerweile als feste Größe des deutschen Literaturbetriebs etablierten Feridun Zaimoglu. Im Gespräch mit Michael Schmitt stellt Zaimoglu, der derzeit Stadtschreiber in Mainz ist und 2016 den mit 30.000€ dotierten Berliner Literaturpreis erhalten wird, seinen neuen Roman Siebentürmeviertel vor, der mit einem Umfang von rund 800 Seiten wohl als Opus Magnum in seinem bisherigen Werk betrachtet werden kann. Das Epos handelt von dem deutschen Jungen Wolf, der im Jahr 1939 nach einer Warnung vor der GESTAPO nach Istanbul emigrieren und sich fortan in der ihm so fremden Metropole am Bosporus zurechtfinden und behaupten muss. In einer kurzen Lesung verdeutlicht Zaimoglu, dass auch sein neuer Roman jene Poesie und Sprachgewalt aufweist, die ihn in seinem mittlerweile 20-jährigen literarischen Schaffen immer wieder an den Tag gelegt hat, auch wenn Siebentürmeviertel, wie der Autor selbst sagt, ein Werk ist, für das man Zeit braucht.
Frank Witzel (r.) im Gespräch mit Volker Weidermann.
Auch die chilenische Bestseller-Autorin Isabel Allende (l.) ist nach Frankfurt gekommen.
Alina Bronsky (l.) im Plausch mit Christine Westermann. |
Mit Schmökern, die einen langen Atem verlangen, geht es auch bei Frank Witzel weiter. Im Gespräch mit Volker Weidermann vom SPIEGEL stellt der gebürtige Hesse seinen Roman Die Erfindung der Rote Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969 vor, der am Montag mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde. Auch wenn nicht ganz zu Unrecht immer wieder moniert wird, dass dieser Preis lediglich an Romane verliehen wird, die sich mit deutscher Zeitgeschichte auseinandersetzen, beeindruckt Witzel nicht bloß mit seinen Analysen des aktuellen Flüchtlingsgeschehens, sondern auch mit einer Passage aus seinem Roman, in der die Besetzung der deutschen Sprache durch den Nationalsozialismus ironisch betrachtet wird: Auf einer Skala von 1 bis 12 beurteilt ein NS-Gradmesser Worte der deutschen Sprache nach ihrem Besetztsein durch die Nazis. Dabei schneiden nicht bloß „Endlösung“ und „Gleichschaltung“ schlecht ab, sondern auch das Wort „Alpenglühen“erhält einen NS-Grad von 10,3.
Eine Autorin von Weltrang tritt am Nachmittag auf der Bühne des Blauen Sofas auf: Die chilenische Bestseller-Autorin Isabel Allende, deren Roman Das Geisterhaus alleine in Deutschland mittlerweile fast vier Millionen Mal verkauft wurde, stellt ihren neuen Roman Der japanische Liebhaber vor, spricht von ihrer Obsession, Romane am 8. Januar zu beginnen sowie von ihrer Abneigung gegen das Kochen und wird schließlich von mehreren Bodyguards vor einer Horde blitzender Reporter abgeschirmt und von der Bühne eskortiert – ein seltener Anblick im Literaturbetrieb…
Beschlossen wird der Messetag für mich mit einem Gespräch zwischen Alina Bronsky und Christine Westermann über Bronskys vierten Roman Baba Dunjas letzte Liebe. Das Gespräch dreht sich zwar auch um das in Tschernobyl angesiedelte Buch, das der ehemalige Russland-Korrespondent Thomas Roth, für seine Authentizität lobte, wenngleich Bronsky selbst nie in Tschernobyl war. In den Vordergrund rückt die ehemalige Zimmer frei-Moderatorin Westermann jedoch vor allem persönliche Fragen wie die nach Bronskys Alltag als Mutter von vier Kindern oder nach ihren Befindlichkeiten im Messetrubel. Nachdem Westermann die kurz vor ihrem 37. Geburtstag stehende Bronsky als 40-Jährige bezeichnet, entwickelt sich dieser Fauxpas schnell zum Running Gag zwischen den beiden, wodurch das Gespräch – und damit auch der Messetag als Ganzer – in heiter-lockerer Stimmung zu Ende geht. |
Mein Buchmessetag - von Marco Rasch
Am Samstag ging es auch für mich endlich auf die Buchmesse, zum allerersten Mal, wie ich gestehen muss. Bereits im Zug fielen mir die vielen Cosplayer auf: Junge Leute zumeist, die sich im Stile ihrer Lieblings-Manga- oder Anime-Figur (später sollte ich aber auch einige alte Bekannte aus dem Harry Potter- und Star Wars-Universum sowie diverse andere Charaktere aus Filmen und Videospielen entdecken) verkleiden. An diesem Tag fand nämlich, wie jedes Jahr, das Finale der Deutschen Cosplaymeisterschaft auf der Messe statt, bei dem die besten Darstellungen mit diversen Preisen ausgezeichnet wurden. Auf der Buchmesse selbst kam ich mir schließlich aufgrund der schieren Menge an bunten Kostümen fast schon langweilig und spießig in meinen Alltagsklamotten vor. Ich habe mir deshalb vorgenommen, mich im nächsten Jahr als Charles Bukowski zu verkleiden.
Kurios oder Gruselig? Für manche Bilder ist es schwer, eine geeignete Unterschrift zu finden.
Die Junge Freiheit - Retter des Deutschen Volkes und Schrecken der "rot-grünen Gutmenschen".
Ulrich Wickert am Stand von Die Welt.
Thees Uhlmann mit seinem Debütroman Sophia, der Tod und ich.
Eine Auswahl an Graphic Novels.
Ralf König beim zeichnenden Signieren.
Blick von oben in den Innenhof des Messegeländes.
Denis Scheck tut was Denis Scheck eben so tut.
Karina Fenner am Stand von Voland & Quist. Im Hintergrund, die Kurzgeschichten-App A Story A Day.
Prinzessin Popelkopf von Marc-Uwe Kling. Jeder Altersgruppe unbedingt zu empfehlen. |
Es war Samstag, Wochenende, deshalb war zu erwarten, dass es auf der Messe an diesem Tag besonders voll werden würde. Bereits um 10 Uhr morgens war der Besucherstrom beachtlich. Noch konnte man sich in den Hallen jedoch ohne größere Probleme bewegen und atmen. Im Laufe des Tages sollte sich das zwar drastisch ändern, bis dahin blieb aber genug Zeit an den Ständen vorbei zu schlendern und sich einige Dinge genauer anzusehen. Kostenloses Lesematerial, wie etwa am Stand der bpb oder der taz, nahm ich mir gerne und reichlich mit.
Außerdem bot sich mir die Gelegenheit, die Kuriositäten der Buchmesse (abgesehen von den bereits erwähnten Cosplayern, die die Messe zu einem bunteren Ort machten) genauer zu begutachten. Etwa die vielen Stände fundamental-religiöser Verlage, die sich über einen nicht geringen Teil von Halle 3 ausbreiteten und durch Titel wie Teuflische Strategien ... und wie man sie durchschaut oder Das Okkulte ABC („Solange es Menschen gibt die die Bibel verachten, so lange wird sich das Märchen, dass der Mensch vom Affen abstammt, halten.“) auf ihre ganz eigene Art Aufklärungsarbeit leisteten.
Nahe am Eingang der Halle, so positioniert, dass sie auf keinen Fall übersehen werden konnten, hatten sich zudem die selbst ernannten Retter des Abendlandes und Verbreiter der einzig wahren Wahrheit aufgestellt: Die stramm-rechte Tageszeitung Junge Freiheit. Schon von Weitem war der überdimensionierte Schriftzug – und das mittlerweile zu trauriger Berühmtheit gelangte Motto der PEGIDA-Anhänger - 'Wir sind das Volk' zu lesen. Für ihr Programm hatte sich die jF einige Prominenz eingeladen. Udo Ulkotte, ehemaliger Mitarbeiter der FAZ, durfte über die 'Profiteure der Asylindustrie' referieren. Der akademische Grad, der seinem Namen voran gestellt war, sollte ihm wohl einen Anschein von Intellektualität und Seriosität verleihen. Ein weiterer Redner war Akif Pirinçci, in den 80er- und 90er-Jahren als Autor von Katzenromanen bekannt geworden, heute vor allem dadurch auffällig, etwas gegen jeden Menschen zu haben der nicht er selbst ist, sowie einer möglichen Anklage wegen Volksverhetzung. Pirinçcis neuestes 'Werk' trägt den Titel Die große Verschwulung, einen Kommentar hierzu halte ich für unnötig. Es versteht sich von selbst, dass ich davon absah mir auch nur einen dieser Vorträge anzuhören.
Nur wenige Meter weiter von diesem dunklen Fleck der Messe wurde es dann schon wieder heller. Der Illustrator und Kinderbuchautor Paul Maar erzählte am Stand von Die Welt über den Schaffensprozess seiner berühmtesten Figur Das Sams. Gleich nebenan war der ehemalige Moderator der Tagesthemen Ulrich Wickert bei Die Zeit zu Gast. Neben seinen Tätigkeiten als Journalist und Sachbuchautor hat sich Wickert in den letzten Jahren auch durch das Schreiben von Kriminalromanen einen gewissen Namen gemacht. Seinen aktuellen Roman Das Schloss in der Normandie um seine Hauptfigur Jacques Ricou stellte er zusammen mit seinen Eindrücken über die gesellschaftliche und politische Landschaft Frankreichs (Wickert leitete lange Zeit das ARD-Studio in Paris und fühlt sich dem Land bis heute verbunden) vor. Kriminalromane über einen französischen Ermittler von einem nicht-französischstämmigen Autor, das rief Erinnerungen an Martin Walker wach, der Anfang Oktober für eine Lesung Gast des LZG war. Weit musste ich nicht gehen, da lief ich diesem ebenfalls über den Weg. Walker stellte Brunos Kochbuch, eine Sammlung der Lieblingsrezepte seines Chefermittlers mit Leidenschaft für gutes Essen (und Frauen) vor, das den Besuchern der LZG-Lesung wohl ebenfalls noch in gutem Gedächtnis geblieben ist. Auf die Buchmesse geht man natürlich nicht ohne sich über Neuerscheinungen zu informieren und zu entdecken gab es reichlich. Am Stand von Edition Tiamat kam ich mit einem der Mitarbeiter ins Gespräch über Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten: Gonzo-Briefe 1958-1976, die Übersetzung einer Zusammenstellung aus über 20.000 Briefen von Hunter S. Thompson. Es ist immer etwas Besonderes auf jemanden zu treffen, dem dieselbe Leidenschaft für etwas, sei es eine bestimmte Band, ein Film oder eben ein Schriftsteller, wie einem selbst innewohnt und für das Werk – und die Person – Thompsons, stellten wir beide schnell fest, teilten wir genau diese Leidenschaft. Eine Herzensangelegenheit sei dieses Projekt für ihn gewesen, verriet er mir. Eine Herzensangelegenheit für mich wird es sein, dieses Buch zu lesen. Dann allerdings in englischer Sprache – wenn ich etwas Geld übrig habe, werde ich mir vielleicht auch die Übersetzung von Edition Tiamat besorgen, verdient hätten sie dies auf alle Fälle.
Meine nächste Station waren die Comics und Graphic Novels, einem Bereich der in den letzten Jahren – zu Recht – aus der Nische heraus, in den Vordergrund der Literaturwelt getreten ist. Auffällig waren die vielen Adaptionen klassischer literarischer Werke in Comic/Graphic Novel-Form, wie etwa Das Schloß, Der Prozess und Die Verwandlung von Franz Kafka. Besonders angetan war ich jedoch von Moby Dick, dessen stimmungsvolle Schwarz-Weiß-Zeichnungen mich sofort an Bord der Pequod, Captain Ahabs Schiff, entführten. Auf der anderen Seite fiel mein Interesse auf eine Adaption aller Bände von Marcel Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Allein die Idee, diesen 4000-seitigen Jahrhundertroman in eine Graphic Novel zu übersetzen scheint gewagt und verlangt Respekt ab, die Umsetzung übertrifft dabei noch einmal alle Erwartungen. Neben dem gut besuchten Stand der Titanic war niemand geringeres als Ralf König anzutreffen, der sich mit sichtlich guter Laune die Zeit nahm, Bücher zu signieren – selbstverständlich nicht nur mit Worten, sondern auch einer kleinen, live angefertigten Zeichnung.
Die Messe war zu diesem Zeitpunkt bereits kurz vor dem Überlaufen, in den Hallen ging es oftmals nur noch im Schneckentempo und mit Körperkontakt zu den Personen links, rechts, vorne und hinten vorwärts. Die Schlangen vor den Rolltreppen waren so lange, dass man gerne Umwege durch andere Hallen in Kauf nahm, um nach draußen zu gelangen, nur um dort erneut ein Meer von Menschen durchschwimmen zu müssen, bis man endlich an der frischen Luft angelangt war. Auf dem Innenhof bot sich dann nicht nur die Möglichkeit, sitzend die zu Klumpen gelaufenen Füße auszuruhen, sondern auch, wahlweise bei Nikotingenuss, die Cosplayer genauer zu beobachten. Sehr gut zeigte sich dabei, warum in Leidenschaft das Wort 'leiden' steckt. Viele der Kostüme waren alles andere als eine passende Herbstkleidung (was sie ja aber auch nicht sein sollten), um nicht zu sagen: einige Cosplayer waren halbnackt. Ich hoffte (und hoffe immer noch) sehr, dass keiner am nächsten Tag krank im Bett aufgewacht ist – und wenn, so war ihnen Reue zweifelsohne fremd und sie würden es wohl jederzeit wieder so machen. Einer trug Geta, japanische Holzsandalen, zu seinem Kostüm. Dass er darin kaum gehen konnte, sondern sich nur mit sehr kleinen unbeholfenen Schritten und nach vorne gebeugtem Oberkörper fortbewegen konnte, störte ihn mit Sicherheit ebenso wenig. Um ins Congress Center zu gelangen, war es möglich einen kleinen Umweg durch das ARD-Forum nehmen, in dessen ersten Stock sich auch die Halle des Gastlandes Indonesien befand, in der Comics und Graphic Novels ebenfalls eine große Rolle spielten. Im ARD-Forum selbst saß der Literaturkritiker Denis Scheck bei einer Live-Aufzeichnung seiner Sendung Druckfrisch, die alberne Bücherrutsche hatte er zum Glück nicht dabei. Scheck und seine Sendung muss man nicht mögen, schön war jedoch, dass er ein Gedicht von Judith Holofernes über einen Fuchs, aus ihrem Band Du bellst vor dem falschen Baum, vorlas. Erwähnenswert nicht zuletzt deshalb, weil Judith Holofernes im Dezember ein Gast des LZG sein wird.
Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu. Das heißt, er hätte eigentlich noch lange weiter gehen können, denn ich hatte noch längst nicht alles gesehen. Die Lust, sich wieder ins Gedränge im Inneren einer Halle zu begeben, wurde nur leider immer geringer. Ein kleiner, aber besonderer Termin stand jedoch noch an: Ein Gespräch mit Karina Fenner, vormalige Programmleiterin im LZG und heute Mitarbeiterin des unabhängigen Verlags Voland & Quist. Ich traf Karina um 15 Uhr. Auf der Messe war sie seit dem Beginn am Mittwoch. Um die Anstrengung, die dies mit sich brachte, beneidete ich sie nicht. Trotz der vier Messetage, die sie bereits hinter sich hatte (den Sonntag, der ihr noch bevor stand - samt Abbau des Standes am Abend - nicht zu vergessen), und wenig Schlaf, wirkte sie wach, freute sich sichtlich auf das Gespräch und konnte freundlich und geduldig mit den Leuten umgehen, die mit kleinen Abholscheinen an den Stand kamen - es ging wohl um kostenlose Kalender, die am Stand entgegengenommen werden konnten, - jedoch den Satz 'Solange der Vorrat reicht' nicht immer zu verstehen schienen.
Damit endete mein Tag auf der Frankfurter Buchmesse 2015, ich war hungrig und müde und froh mich in den Zug setzen und das abgestaubte Lesematerial begutachten zu können. Die Eintracht hatte an diesem Tag ein Heimspiel, das Aufeinandertreffen von Cosplayern und Fußballfans am Bahnhof trug einiges an Potential in sich, blieb tatsächlich aber friedlich, beide Gruppen interessierten sich nicht wirklich füreinander. Im nächsten Jahr muss ich meine Drohung wohl wahr machen und mich auch verkleiden. Für ein Hunter S. Thompson-Kostüm habe ich wohl zu viele Haare (und ich bin nicht gewillt, sie mir abzurasieren), deshalb wird es wohl doch bei Charles Bukowski bleiben. |