Leipziger Buchmesse 2013 

Impressionen von der Leipziger Buchmesse 2013 - Episode I

Mittwochnachmittag, 16:30 Uhr, Abfahrt vom Gießener Bahnhof. In einem kleinen roten Viersitzer macht sich das LZG Buchmesse Team auf den Weg nach Leipzig. Die weiteren Teilnehmer der "Buchmesse-Exkursion", acht an der Zahl, hatten die Reise ins bitterkalte Leipzig bereits einige Stunden zuvor angetreten. LZG Team, das heißt in dem Fall die ehemaligen LZG-Praktikanten Bastian Appel und Madelyn Rittner, die aktuelle Praktikantin Maren Gaertner und Programmleiter Manuel Emmerich.

Im folgenden können Sie die vielfältigen und hoffentlich spannenden Messeerfahrungen der Beteiligten nachlesen:


David Wagner gewinnt den Leipziger Buchpreis in der Kategorie Belletristik, ein Blick in die Glashalle, Podiumsdiskussion zur Zukunft des Buches mit u.a. Judith Schalansky, Felicitas von Lovenberg und Jo Lendle

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Zu Beginn des Tages schien die Sonne, die Listen mit den vorgemerkten Programmpunkten waren lang, und wir konnten es alle kaum erwarten, endlich die große Glashalle der Leipziger Buchmesse zu betreten. Während Madelyn und Manuel schon einmal bzw. mehrere Male die Leipziger Buchmesse besucht hatten, betraten Bastian und Maren Neuland, und sie sollten nicht enttäuscht werden. Mit dem „perfekten Start in den Tag“ wurde am ARTE-Stand mit dem Wake-up-Slam geworben, zu Gast die Slam Poeten Bas Böttcher und Theresa Hahl, letztere erreichte im vergangenen September bei den hessischen Poetry-Slam-Meisterschaften das Finale. Schnelle Sprüche und bezaubernde Poetik, wahrlich eine schöne Art, den Buchmessetag zu beginnen.

Um möglichst viel von der Messe mitzubekommen, wurde sich anschließend aufgeteilt, auch wenn man sich bei der einen oder anderen Gelegenheit immer mal wieder über den Weg laufen sollte. Maren landete eher zufällig bei einer Lesung mit dem Titel „Lakonisch, scharfsinnig und ungeheuer lebendig“. Hier stellten drei Autorinnen aus Georgien, u.a. Nino Haratischwili, ihre Bücher vor. 

Im Anschluss besuchte sie das Café Europa, dort sprach der sympathische Gewinner des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung 2013, Klaus-Michael Bogdal, über sein Buch Europa erfindet die Zigeuner: Eine Geschichte von Faszination und Verachtung.

Sitzplätze sind rar auf der Buchmesse, das musste Maren beim blauen Sofa erfahren. Der israelische Schriftsteller Amos Oz war zu Gast und sprach über seinen neuen Erzählband Unter Freunden, in welchem er in acht Geschichten über die Jahre in einem fiktiven Kibbuz erzählt. Abgelöst wurde Oz vom brasilianischen Autor Rafael Cardoso, der sein Buch Sechzehn Frauen im Gepäck hatte. Ein kleiner Vorgeschmack auf die kommende Frankfurter Buchmesse, hier wird Brasilien Ehrengastland sein.

Die Zukunft des Buches

Nach einer kurzen Mittagspause besuchte Manuel einen Workshop zur inhaltlichen und strukturellen Konzeption von Lesungen. Geleitet wurde der Workshop vom Geschäftsführer des Deutschen Literaturinstituts Leipzig, Claudius Nießen. Hier konnten einige Ideen für neue Lesungskonzepte gesammelt werden, wie etwa das ans Speed-Dating angelehnte Speed-Reading. Darüber hinaus war es interessant zu erfahren, welche Tücken bestimmte Lesungskonzepte bieten und wie man diese umschiffen kann.

Zur selben Zeit besuchte der Rest des Teams um 14 Uhr eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde zu einem Thema, das auf einer Buchmesse nicht fehlen darf. Unter dem Titel „Die vollkommene Lesemaschine. Über die Zukunft der Bücher“ diskutierten Daniela Seel, Jo Lendle, Kathrin Passig, Dave Eggers, Roland Reuß und Judith Schalansky über die Zukunft des Buches. Es war eine sehr interessante und unterhaltsame Runde. Nicht nur über die Wichtigkeit von Fadenbindung und Kopfschnitt, das E-Book als schlechtes Substitut oder über das Internet als etwas Unheimliches und Unendliches wurde diskutiert. Spannend und einleuchtend war beispielsweise der Standpunkt des amerikanischen Autors und Verlegers Dave Eggers. Er meinte, dass man sich in einem Buch, das auf Papier gedruckt ist, mehr verlieren könne als in einem E-Book. Der Ort, an dem man ein Buch gelesen hat, die Zeit wann man es gelesen und wie man sich dabei gefühlt hat – das alles ist am wichtigsten für die Wirkung eines Buches. Für Dave Eggers sind Bücher „beautiful objects“ und der Zukunft dieser schönen Objekte sieht er optimistisch entgegen. Das LZG-Team war sich schnell einig, dass man auch in Gießen dieses Thema aufgreifen und eine entsprechende Veranstaltung anbieten sollte, wie so etwas aussehen könnte, blieb allerdings noch offen. Ignorieren dürfe man solche Entwicklungen aber keinesfalls, auch wenn man sich mehr zum gedruckten Buch hingezogen fühle.

Das Highlight und der Abschluss des Tages: Die Verleihung des Leipziger Buchpreises

Jedes Jahr mit Spannung erwartet: Die Verleihung des Leipziger Buchpreises in den Kategorien Belletristik, Übersetzung und Sachbuch/Essayistik. Es gab sogar einen Countdown, nach dessen Ablauf Buchmessedirektor Oliver Zille die Anwesenden begrüßte. Nach der Vorstellung der Nominierten wurden die Entscheidungen der Jury unter Leitung von Dr. Hubert Winkels verkündet.

In der Kategorie Belletristik wurde David Wagner für seinen Roman Leben ausgezeichnet, in dem es um einen Grenzbereich desselben geht. Der Protagonist kann nur dank des Todes eines anderen weiterleben, da er dessen Spenderleber benötigt. Dass Wagner diese Ereignisse eindringlich schildern kann, liegt daran, dass er selbst genau diese Erfahrung machen musste.

Eva Hesse konnte die Kategorie Übersetzung für sich entscheiden für ihre 50 Jahre dauernde Arbeit an Ezra Pounds Die Cantons. Leider konnte sie den Preis aufgrund von Krankheit nicht persönlich entgegennehmen.

Helmut Böttiger gewann in der Kategorie Sachbuch/Essayistik mit seinem Buch Die Gruppe 47: Als die deutsche Literatur Geschichte schrieb, in dem er sich intensiv mit der berühmten Gruppe 47 beschäftigt.

Nach der Messe…

Leipzig liest ist mit 2800 Veranstaltungen Europas größtes Lesefestival. Diese Lesungen finden nicht nur auf dem Messegelände statt, sondern insbesondere nach Messeschluss in der gesamten Leipziger Innenstadt. Am Donnerstagabend hatte der Wallstein Verlag, der 2013 mit dem renommierten Kurt-Wolff-Preis ausgezeichnet wurde, zum Verlagsabend ins Café Telegraph eingeladen. Zu Gast waren neben zahlreichen Besuchern auch die Wallstein-Autoren Gabriele Kögl, Ralph Dutli, Maja Haderlap und Daniela Danz. Letztere wird im Rahmen des Büchner-Gedenkjahrs im Juli in Gießen zu Gast sein. Zeitgleich lief in der Moritzbastei die Lange Leipziger Lesenacht. Auch hier traf man auf einige Autoren, die schon einmal in Gießen zu Gast waren, z.B. Jochen Schmidt, der aus seinem neuen Roman Schneckenmühle las, oder Volker Strübing, der gemeinsam mit Mischa-Sarim Vérollet den Abschluss des Abends bzw. der Nacht bildete. Dass die Nacht an dieser Stelle für einige noch nicht endete, darauf darf an dieser Stelle verwiesen werden, wir möchten dies aber nicht weiter ausschmücken…


Impressionen von der Leipziger Buchmesse - Episode II

Buchmessesamstag, das bedeutet zunächst einmal zweierlei: Es wird voll und es wird bunt. So voll, dass die Übergänge zwischen den einzelnen Messehallen teilweise gesperrt werden mussten bzw. nur noch als Einbahnstraßen für den Publikumsverkehr funktionierten, und bunt, weil die Cosplayer die Messe eroberten. Cosplay ist ein aus dem Japanischen kommender Verkleidungstrend, bei dem der Cosplayer einen Charakter, z.B. aus einem Manga, möglichst detailgetreu durch Kostümierung darstellt. Die Detailverliebtheit der vielen Comic- und Mangafans war wirklich wieder einmal faszinierend und man kann kaum erahnen, wie viele Stunden Arbeit in den meist selbstgenähten und -gebastelten Kostümen wohl stecken. Auch das ist natürlich eine – wenn auch spezielle – Art, sich mit Literatur auseinanderzusetzen.


Die Cosplayer erobern die Messe

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Denis Scheck mit "druckfrisch, die Marketingkampagne "Vorsicht Buch" und Alina Bronsky mit ihrer Französisch-Übersetzerin

Neue Marketingkampagne: „Vorsicht Buch!“

Dass der stationäre Buchhandel schwächelt, ist hinlänglich bekannt. Nun scheint auch die Buchbranche die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. In ganz Leipzig, ob nun auf der Messe oder in der Stadt, warnen riesige Plakate, Postkarten, Buttons und Schilder vor dem gefährlichen Buch. „Vorsicht Buch“ lautet das Motto der groß angelegten und auf der Buchmesse erstmals vorgestellten Werbekampagne der deutschen Buchbranche, mit einem Augenzwinkern versteht sich. Die Kampagne löste vielerorts Begeisterung aus, sowohl bei Verlegern, Buchhändlern als auch bei den Lesern. Man darf gespannt sein, wie sich diese Idee entwickelt, im LZG wurde die Kampagne zumindest schon einmal ausgesprochen positiv aufgenommen.

Im Forum International war Erika Mursa im Gespräch mit Alina Bronsky und ihrer französischen Übersetzerin Isabelle Liber. Gesprochen wurde über Bronskys bissigen und komischen Roman Die schärfsten Gerichte der tartarischen Küche, der den Besuchern der ersten Literarischen Heimsuchung des LZG noch in guter Erinnerung sein dürfte. Hier standen insbesondere die Schwierigkeiten der Übersetzung im Fokus. Der Roman, aus dem Alina Bronsky auf Deutsch und Isabelle Liber auf Französisch vorlasen, ist mittlerweile in 9 Sprachen übersetzt worden. Dass Übersetzungen immer auch etwas Neues sind, zeigte sich auch durch die völlig verschiedenen Covergestaltungen, die – so Liber – eine Schwerpunktverschiebung von der politischen Komponente (in Frankreich gibt es deutlich weniger Emigranten aus dem Osten) hin zum – keinesfalls klischeehaften oder negativen – Frauenroman.

Alte Bekannte auf der Buchmesse

Neben Alina Bronsky war ein weiterer ehemaliger LZG-Gast auf der Messe: Feridun Zaimoglu sprach im ARD-Forum über seinen neuen Roman Die Mietmaler. Eine Liebesgeschichte, in dem es, wenig überraschend, um Malerei und um die Liebe geht. Das Buch zeigt Zaimoglus andere künstlerische Seite, denn für Die Mietmaler hat er 21 Bilder gemalt. Die Schwierigkeit bestand dabei in der Anverwandlung des Zeichenstils des Protagonisten Edouard, wie der Autor im Gespräch erklärte. Der Roman klang absolut lesenswert. Schade eigentlich, dass der Autor gerade erst in Gießen zu Gast war.

Wo Buchmesse ist, da darf Denis Scheck mit seiner Sendung „druckfrisch“ natürlich nicht fehlen. Ebenfalls auf der ARD-Bühne be- und verurteilte der Kritiker in seiner ganz speziellen Art die zehn meistgelesenen Bücher aller Zeiten (wobei die Bibel außen vor blieb). An Scheck scheiden sich vermutlich die Geister, man liebt ihn, oder man hasst ihn, und so gehen auch im LZG die Meinungen auseinander. Unterhaltsam war die Veranstaltung aber allemal.

Bei Maren stand an diesem letzten Tag besonders die italienische Literatur im Vordergrund. So besuchte sie u.a. die Präsentation des von Wolfgang Storch und Klaudia Ruschkowski herausgegebenen Sachbuchs Deutschland-Italien. Aufbruch aus Diktatur und Krieg heraus. Es berichtet von der deutschen Okkupation Italiens ab 1943 und dem darauf folgenden Verhältnis zwischen den Ländern bis in die neunziger Jahre hinein. Ihr Urteil war durchweg positiv, wer sich also für dieses Thema interessiert, dem sei das Buch ausdrücklich ans Herz gelegt.

Abschließend bleibt zu sagen, dass die Leipziger Buchmesse für das LZG ein voller Erfolg war. Die Messe konnte genutzt werden, um neue Lesungsideen zu sammeln. Ob nun der ZEIT-Kolumnist Harald Martenstein, die Jungautorin Annika Scheffel, der Romancier Reiner Merkel oder die Lyrikern Nora Gomringer, sie alle konnten bei ihren Veranstaltungen überzeugen und man wird versuchen, Lesungen mit ihnen in Gießen zu organisieren. Wir freuen uns schon jetzt auf die Leipziger Buchmesse 2014 und ein tolles Bücherjahr 2013.



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