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Teresa Präauer | Für den Herrscher aus Übersee 

Roman
Wallstein 2012
140 Seiten
16.90 Euro
ISBN 978-3-835-31092-6

von Elisa Engert | Download

Für zwei Brüder, aus der Liebe zum Fliegen

Das literarische Debüt Für den Herrscher aus Übersee der jungen Autorin Teresa Präauer kommt auf nur 140 Seiten mit gleich drei Erzählsträngen daher: Da ist die Geschichte zweier Brüder, die den Sommer bei den Großeltern verbringen, weil ihre Eltern auf Weltreise sind, die Geschichte ihres Großvaters und der schönen Japanerin, die er während des Zweiten Weltkriegs kennenlernt, und zuletzt die der jungen Fliegerin, die gemeinsam mit ihren Vögeln durch die Lüfte schwebt.

Die zwei Brüder, so klein, dass sie erst ein paar Buchstaben lesen können, hängen gespannt an den Lippen ihres Großvaters, wenn er ihnen jeden Tag die neueste Postkarte der Eltern vorliest. Auf diesen Postkarten, die von den Jungen akribisch an die Wände ihres Zimmers gepinnt werden, finden sich Grüße, Skizzen und Anweisungen wieder: „Wir wissen, wenn die Kartenpanoramen um unser Zimmer im Kreis verlaufen und sich ihre Reihe schließt, kommen die Eltern wieder.“ Aus der Perspektive des älteren Bruders lernt der Leser die kleine Welt der beiden kennen, die wie eine Sommerferien-Idylle daherkommt, hinter der aber viel zu stecken scheint. Ihr Großvater, der ihnen Geschichten rund ums Fliegen erzählt und die Brüder für alles was fliegt fasziniert, erinnert sich wehmütig an die Zeit, in der er das Fliegen erlernt hat. Während des Zweiten Weltkriegs lernte er auch das Schießen – beides gehört für ihn eng zusammen. Seine Erinnerung an das Fliegen ist aber auch mit einer jungen Japanerin verknüpft, deren Fluggerät offensichtlich abgeschossen wurde. Der Großvater versucht, aus seinem Flugzeug und dem der Japanerin ein funktionierendes zusammenzuschrauben – das misslingt ihm ebenso wie die Beziehung zur schönen Frau, die seine Sprache nicht spricht. Von der Großmutter der Jungen erfährt der Leser nicht viel – nur hin und wieder deutet Präauer an, dass der Großmutter die Geschichten des Großvaters so gar nicht gefallen dürften. Diesen spannenden Konflikt hätte die Autorin anstelle der Geschichte der jungen Fliegerin ausbreiten können.

Die zwischendurch eingestreuten Episoden der Fliegerin kommen genauso leichtfüßig und sommerlich daher, wie die Sommerferien-Szenen der beiden Brüder. Präauer wechselt ständig zwischen ihren drei Geschichten umher und zeichnet mit ihrer atmosphärischen Sprache Bilder, die den Postkarten der Eltern entstammen könnten – oder dem Spielfilm Amy und die Wildgänse, an den die Geschichte der Fliegerin unweigerlich erinnert.

Präauers Roman weist kleine Schwächen auf: Die Perspektive des kleinen Jungen wirkt aufgrund der wohl überlegten, sehr erwachsenen Sprache unglaubwürdig und innerhalb der Erzählungen des Großvaters fehl am Platz, da eigentlich aus dessen Perspektive erzählt wird. Dennoch lohnt die Lektüre von Für den Herrscher aus Übersee, da sich die sommerlichen Geschichten angenehm lesen lassen und die Faszination vom Fliegen, Lieblingshühnern und anderen Vögeln greifbar nahe ist.

Zur Autorin:
Teresa Präauer wurde 1979 in Linz geboren und wuchs unter anderem in St. Johann im Pongau, Österreich auf. Sie studierte Malerei und Germanistik in Salzburg und Berlin, lebt in Wien und schreibt und zeichnet. Für ihren Debütroman Für den Herrscher aus Übersee erhielt sie 2012 den renommierten ZDF-„aspekte“-Literaturpreis. 


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