Indulgence. Die Nachwuchsautorin Zara Karschay liest aus ihrem noch unveröffentlichten Roman 

Mittwoch, 16.1., 19:30 Uhr

KiZ (Kongresshalle)
Südanlage 3a
35390 Gießen

Gästebuch | GA | GAZ

Eintritt frei
In Kooperation mit dem Institut für Anglistik.

Am 16.01.2019 startete das Literarische Zentrum mit Zara Karschays Lesung in das Programmjahr 2019. Das Publikum konnte dabei erste Einblicke in ihren noch unveröffentlichten Roman Indulgence gewinnen.
Der englischsprachige Historienroman spielt im 15. Jahrhundert und erzählt die Geschichte von Thomasin Penge. Nachdem ihr Sohn Jasper, ein Londoner Ratsherr aus dem deutschen Quartier, ermordet wurde, begibt sie sich auf die Suche nach den Tätern. Im Gegensatz zu den anderen Familienmitgliedern glaubt sie, dass hinter seinem Tod mehr steckt als ein deutscher Vergeltungsschlag. Getarnt als Mystikerin, begibt sie sich schließlich sogar bis nach Hamburg, um das Verbrechen aufzuklären.
Möglich wurde Zara Karschay die Verwirklichung ihres Romans dank des Harper-Wood-Stipendiums für Englische Lyrik und Literatur der Universität Cambridge. Karschay wurde in Windsor (England) geboren, promovierte am Royal Holloway College der Universität London in Altertumswissenschaften und lebt seit 2014 in Hamburg. Dort arbeitet sie als Ghostwriterin und Lektorin. Indulgence ist ihr erster, unter eigenem Namen, verfasster Roman.
Nach einer kurzen Einführung durch die Moderatorin Eva Kirbach vom Institut für Anglistik (JLU) übergab  diese das Wort an Zara Karschay. Bevor die Autorin zu lesen begann, skizzierte sie den historischen Kontext, in dem sich die Figuren ihres Romans bewegen. Dabei stand besonders der blühende Ablasshandel im späten Mittelalter im Zentrum. Wie schon im Titel des Buches angedeutet, Indulgence, zu Deutsch Ablass, rankt sich der Roman um das Thema des kirchlichen Gnadenaktes, denn Thomasin Penge findet heraus, dass ihr Sohn in diesen Handel zwischen England und dem Kontinent verwickelt ist.
Für das deutschsprachige Publikum erklärte Karschay weniger gebräuchliche englische Begriffe, die für den Handlungsverlauf bedeutsam waren. Das Publikum erfuhr zum Beispiel, dass the mile die Londoner Straße zwischen Tempel und Tower bezeichnet. Mit der Beschreibung ebendieser Straße steigt die Autorin in die Lesung ein und entführte die Zuhörer*innen ins London des 15. Jahrhunderts. Mit warmer Stimme entfaltet die Britin ihre Geschichte von Rache, Ketzerei und politischen Intrigen. Im ersten Ausschnitt wird dabei besonders die tiefe Trauer und Verzweiflung der Mutter, die ihren Sohn verloren hat, spürbar. Im zweiten Teil findet sich das gebannte Publikum auf dem Pilgerschiff wieder, das Thomasin Penge nach Hamburg bringt. Jaspers Verstrickungen in den Ablasshandel führen sie hierher und tief in die Verwicklungen der Hanse hinein.
Im Publikumsgespräch mit der Autorin wurde klar, warum das mittelalterliche Bild, das Karschay in ihrem Roman zeichnet, so authentisch und farbig wirkt. Mit ihrem Umzug nach Hamburg begann sich die Autorin eingehend mit der Hanse und deren Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei vertiefte sie sich in zahlreiche mittelalterliche Quellen und besuchte Orte wie Lübeck und Lüneburg, um sich auch mit der Architektur der Zeit vertraut zu machen. Der Einfluss dieses Wissens auf die Geschichte Thomasins ist deutlich zu spüren.
Bei ihren Recherchen beschäftigte sich die Autorin insbesondere mit den Frauen im Mittelalter und stieß dabei auf Magery Kempe, die zum Teil Vorbild für die Figur der Thomasin Penge wurde. Kempe war eine englische Mystikerin des 15. Jahrhunderts, die ebenfalls viele Pilgerreisen unternahm und deren Werk The Book of Margery Kempe als eine der ersten englischsprachigen Autobiographien gilt. Mithilfe dieser Frauengestalten möchte Zara Karschay mit den Klischees aufräumen, die über Frauen des Mittelalters bestehen und zeigen, dass keineswegs alle ungebildet waren. Es gab Frauen, die, wie ihre Romanheldin, lesen, schreiben und reisen konnten und zum Teil sogar Mitglieder in verschiedenen Gilden waren.
Wichtig war Karschay auch, die Erzählung im 15. Jahrhundert anzusiedeln. Ihrer Ansicht nach sei eine Lücke zwischen dem 14. Jahrhundert, das besonders durch die reformatorischen Bemühungen Jan Hus' und John Wyclifs gekennzeichnet sei und dem durch Luther geprägten 16. Jahrhundert entstanden. Durch das Studium der Quellen und dem daraus entstandenen Roman wolle sie diesen vernachlässigten Zeitraum etwas füllen und machte deshalb den aufblühenden Ablasshandel dieser Zeit zur Rahmenhandlung der Erzählung.
Die intensive Recherchearbeit ist der Autorin durch ihre Tätigkeit als Ghostwriterin bestens vertraut. Eine neue Erfahrung sei für sie beim Schreibprozess des Romans jedoch gewesen, dass sie sich manchmal ganz von ihrer Muse leiten lassen konnte. Denn Indulgence ist ihre erste fiktionale Arbeit. So habe sich auch das Ende des Romans während des Schreibens gewandelt und sie schließlich selbst ein wenig überrascht. Wir wünschen Zara Karschay viel Erfolg bei der Veröffentlichung ihres Debütromans und freuen uns, selbst bald an diesem Ende teilhaben zu können!

(Annabelle Schwager)


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