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Debbie Tung | Quiet Girl. Geschichten einer Introvertierten  

Graphix Loewe Verlag (2022)
184 Seiten
15 Euro

ISBN 978-3-7432-1079-0

von Charleen Tamm | Download

 

»Sich selbst zu lieben gibt wirklich Kraft … Sich selbst auf einer tiefen inneren Ebene zu verstehen ... Zu akzeptieren, wer man ist und wer man nun mal nicht ist …, … kann das Leben wirklich verändern und sehr befreien« (Tung 2022: 171). Quiet Girl (2022) ist das erste Werk der Comicautorin Debbie Tung. Das autobiographisch gefärbte Comicbuch schildert humorvoll die Herausforderungen, denen sich die Protagonistin Debbie aufgrund ihrer Introvertiertheit im Alltag stellen muss.

Debbie hat keine Angst vor dem Alleinsein. Im Gegenteil: Sie genießt es, Zeit mit sich selbst zu verbringen und keine Konversationen führen zu müssen. Einer wilden Partynacht zieht sie einen ruhigen Abend zu Hause vor, den sie allein mit Lesen, Teetrinken und »Overthinking« verbringen kann. Aufgrund ihrer Verhaltensweisen ist Debbie das perfekte Vorzeigebeispiel einer introvertierten Person – und das bereitet ihr im Alltag einige Probleme. Nicht nur, dass sie ständig auf ihre Schüchternheit angesprochen und deshalb kritisiert wird; oft fällt es ihr schwer, die gewöhnlichsten Dinge, die für die meisten Menschen kein Problem darstellen, zu bewältigen. Ein Beispiel hierfür ist der Besuch von Vorlesungen an der Universität. Dort sitzt Debbie am liebsten in der letzten Reihe, um bloß nicht aufzufallen, und sie traut sich nicht, dem Professor im Beisein ihrer Kommiliton*innen Fragen zu stellen. In Lerngruppen fühlt sie sich unwohl und erledigt Aufgaben lieber auf eigene Faust. Ihre Pausen verbringt Debbie am liebsten ohne Gesellschaft und schottet sich durch das Hören von Musik von allen anderen ab. Kein Wunder also, dass sie auch in ihrer Freizeit am liebsten allein ist und Menschenmassen, etwa auf Partys, weitestgehend meiden möchte. Trotzdem zwingt Debbie sich häufig dazu, an solchen Veranstaltungen in ihrem Freundeskreis teilzunehmen – zum einen, um »dazuzugehören«, und zum anderen, um niemanden zu enttäuschen. Es fällt ihr nämlich sehr schwer, »Nein« zu sagen. Dafür fehlt ihr das nötige Selbstbewusstsein, was auch dazu führt, dass sie sich anderen Menschen nur schwer öffnen kann. Selbst bei ihrem Freund Jason, der eigentlich ihr engster Vertrauter ist, hat sie häufig das Gefühl, nicht gut genug zu sein.

All diese Verhaltensweisen führen dazu, dass Debbie mehr und mehr das Gefühl bekommt, sie sei „sozial inkompetent und komisch“ (Tung 2022: 43) – bis zu jenem Tag, an dem sie herausfindet, dass sie eine INFJ-Persönlichkeit hat. Obwohl dieser Persönlichkeitstyp, der sich unter anderem durch Eigenschaften wie Hochsensibilität, Scheu und Einfühlsamkeit auszeichnet, sehr selten ist, fühlt sie sich erleichtert, denn sie realisiert, dass ihre Denk- und Handlungsmuster völlig normal sind. Außerdem erkennt Debbie, dass sie alles, was sie bisher erreicht hat, ihren Eigenarten zu verdanken hat. Von nun an möchte sie sich nicht mehr verbiegen, nur um anderen zu gefallen – sie möchte sich nie wieder für ihre Schüchternheit rechtfertigen und einfach sie selbst sein.

Quiet Girl veranschaulicht auf lustige Art und Weise, wie sich stark introvertierte Menschen in alltäglichen Situationen fühlen und welche Gedanken ihnen durch den Kopf gehen. Debbies Mimik und Gestik, die in den Illustrationen stets ausdrucksvoll wiedergegeben werden, sorgen dafür, dass man sich besonders gut in ihre Gefühlslagen hineinversetzen kann. Generell kann die Geschichte für mehr Verständnis und Empathie gegenüber Introvertierten sorgen und ihnen Mut zusprechen, zu sich und ihren Eigenschaften zu stehen, denn »[i]n stiller Stärke liegt [bekanntlich] große Schönheit« (Tung 2022: 178). Auf der anderen Seite darf man das Comicbuch jedoch nicht zu ernst nehmen, da einige Szenen sehr überspitzt dargestellt sind und daher mit einem zwinkernden Auge rezipiert werden sollten.

Über die Autorin: Die Cartoonistin und Illustratorin Debbie Tung wurde 1990 geboren und lebt in Birmingham, England. Sie studierte zunächst Modedesign und Informatik. Daraufhin arbeitete sie als Programmiererin, bis sie sich schließlich dazu entschloss, ihre Künstlerkarriere zu starten. Ihre Comics basieren auf persönlichen Erfahrungen sowie auf Ereignissen des täglichen Lebens.

(Charleen Tamm)


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