exklusiv als E-Book erhältlich
Gmeiner Digital 2014
280 Seiten
5.99 Euro
ISBN: 978-3-7349-9232-2
von Christine Braun | Download
»Meine Geschichten fangen stets in unserer langweiligen Gegenwart an, bis irgendein schreckliches Ereignis eintrifft, welches die wehrlosen Protagonisten in einen nicht enden wollenden Alptraum katapultiert«. So fasst Martin S. Burkhardt den Spannungsbogen seiner Erzählungen zusammen. In einer solchen »langweiligen Gegenwart« befindet sich die 15-jährige Lara, die mit ihrem Vater unterwegs zu einem Internat an der Nordsee ist. Dorthin soll sie nach der Trennung ihrer Eltern ‚abgeschoben‘ werden, um ihr »einen festen Bezugspunkt« im familiären Chaos zu ermöglichen. Doch bevor sich das Mädchen im Internat einleben kann, entdeckt sie in einem für Schüler verbotenen Bereich ein Tor: Lara wird neugierig und tritt hindurch. Dahinter befindet sich eine andere Dimension, genauer: die mittelalterlich anmutende Stadt Alea, wo der grausame Waldhes herrscht. Lara schließt sich einer Gruppe Widerständler an und versucht, den Menschen Aleas zu helfen.
Martin S. Burkhardt schafft es in seinem Jugend- und Fantasyroman, die Spannung bis auf wenige Textpassagen aufrecht zu erhalten. Er benutzt dazu zwar auch Gruseleffekte, bedient sich aber hauptsächlich eines erzählstrategischen Mittels: Der Autor vergegenwärtigt ständig mögliche Gefahren, indem er Lara Fragen an sich selbst oder an andere stellen lässt, deren Beantwortung sich immer wieder verzögert. Dadurch bezieht er die Leser aktiv mit ein und sorgt für Leselust.
Die konstruierte Welt in und um Alea weist viele fantastische Merkmale auf, trägt aber auch allegorische Züge. Die dargestellte Willkürherrschaft verweist auf Analogien zu Diktaturen in unserer realen Welt und auf autoritäre Systeme, von denen auch Jugendliche im Geschichtsunterricht gehört haben. Burkhardt ermöglicht den jungen Lesern dadurch eine kritische Reflexion über Menschenrechte und deren staatliche Unterdrückung auch in unserer Zeit.
Hinter dem Tor ist eine fesselnde Geschichte, die auch ohne einen literarisch kunstvollen Stil und trotz eines bekannten Plots die Leser mitreißt. Es ist dem Autor gelungen, eine spannende Geschichte zu erzählen ohne zu pädagogisieren. Dennoch ermöglicht der Roman eine Reflexion über Wertvorstellungen, Menschenrechte und Staatsformen. Darin liegt möglicherweise auch der Grund für das Fehlen einer genauen Altersempfehlung des Verlags: Die reflexive Ebene des Romans ist eher im fortgeschrittenen jugendlichen Alter zu verstehen. Außerdem enthält der Roman Beschreibungen von blutigen und grausamen Szenen. Die spannende und spannungsreiche Handlung kann aber durchaus auch hartgesottene Leser ab 11 oder 12 Jahren begeistern.
(Christine Braun)