Schuschaniks Kinder. Buchmessegastland Georgien. Lesung und Gespräch mit Anna Kordsaia-Samadaschwili 

Donnerstag, 18.10.18 – 19 Uhr
Café Zeit-los
Bahnhofstr. 50
35390 Gießen

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Eintritt: 5 € | erm. 3 € | LZG-Mitglieder frei

VVK: Tourist-Info Gießen
Für LZG-Mitglieder über das LZG-Büro

Moderation: Anja Golebiowski (UB)
Lesung: Carolin Weber (Stadttheater Gießen)

In Kooperation mit der Dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Instituts für Germanistik.

 

Georgische Literatur in Gießen. Mit Bezug auf die  Frankfurter Buchmesse und ihrem diesjährigen Gastland Georgien fand die Lesung mit Anna Kordasia-Samadaschwili am 18.10. im Café Zeit-los statt. Zu Beginn wurde die georgische Autorin kurz von der Moderatorin des Abends, Anja Golebiowski, vorgestellt: Anna Kordasia-Samadaschwili zählt zu den erfolgreichsten georgischen Autorinnen. Für ihre ausdrucksstarken Texte, welche oft von Liebe und Hoffnung handeln, wurde sie bereits mehrfach ausgezeichnet. Außerdem lehrt sie Literatur und Kreatives Schreiben an der Ilia State University in Tiblissi, übersetzt unter anderem deutsche Werke von Elfriede Jellinek und Cornelia Funke ins Georgische und arbeitet als Kulturjournalistin.

Zu Beginn las Carolin Weber (Stadttheater Gießen) den bereits veröffentlichten Roman Wer hat die Tschaika getötet. Der Text ist durch eine Dichte und Andeutungen und Kommentare bezüglich der georgischen Geschichte charakterisiert. Die dargestellten Charaktere sind komplex, was nicht zuletzt anhand der Häufung verschiedener Kosenamen zu erkennen ist. Anna Kordasia-Samadaschwili führte das Publikum außerdem kurz in die Handlung der Erzählung ein: Georgien sei lange Zeit besetzt gewesen, zuerst durch das russische Reich, dann durch die Sowjetunion, weswegen sich keiner getraut habe, Krimis zu verfassen. Denn zu einem Krimi gehöre Polizei und georgische Schriftsteller*innen haben kein Vertrauen in und zur Polizei gehabt. Der Roman handele von Dingen, die in Georgien passieren. Es sei nicht von primärem Interesse, den Mörder zu finden, sondern es gehe darum, die Polizei und letztlich auch den*die Leser*in zu verwirren. In Anlehnung an die zuvor gelesene Passage stellte die Moderatorin die Frage, ob nur ein Mann ein Mensch sei. Daraufhin erläuterte Kordasia-Samadaschwili den Wandel in der georgischen Gesellschaft: Die Kirche sei noch sehr präsent und konservativ. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei kaum Arbeit für georgische Männer vorhanden gewesen, weswegen die Frauen wegzogen, um arbeiten zu gehen und der Familie Geld zu senden. So kämpften nach dem Krieg die Frauen für die Männer und »fütterten« diese bis in die 90er Jahren durch. Das Rollenverhältnis habe sich während dieser Zeit geändert. Zwar behaupte der Mann noch immer, der Kopf der Familie zu sein, doch die Frau weiß um ihren Wert und bezeichne sich deshalb als Hals der Familie, der die Luft-/Nahrungs-Zufuhr zum Kopf darstellt. Die Gleichberechtigung sei zwar politisch formal vorhanden, doch gelebt werden würde diese noch nicht und eine Frauenbewegung wie in Europa sei ebenfalls nicht zu verzeichnen.

Das zehnte Kapitel von Wer hat die Tschaika getötet? könne als Liebeserklärung an die Heimatstadt Tiblissi der Autorin gelesen werden: Festzustellen sei ein Konnex zwischen der vermittelten Atmosphäre der Stadt und den Emotionen der Figuren. Anna Kordasia-Samadaschwili beschreibt ihre Heimatstadt als magisch, bunt und nicht multikulturell. Auf die Frage nach dem Stellenwert vom Reisen antwortete die Autorin, dass man sich Dinge vorsichtig wünschen und erträumen solle. Sie habe früher davon geträumt die Welt zu bereisen und liebe Bücher. Heute verfasse sie Bücher und bereise die Welt. Ihre Vergangenheit sei innerhalb der Sowjetunion sehr beengend gewesen, weswegen es sie in die Ferne gezogen habe. Für sie ist das Reisen unabdingbar und gut, denn dort wo Menschen wohnen, werde getanzt.

Die zweite Hälfte der Veranstaltung wurde ganz dem bisher noch unveröffentlichten Roman Schuschaniks Kinder gewidmet. Der Text streift die großen Gesellschaftsthemen Georgiens und beschreibt die Geschichte von der großen Liebe. Es ist eine Liebeserklärung der Autorin an ihre Stadt, in der Menschen mit unsichtbaren Geistern leben: Nämlich Schuschaniks Kinder. Ihre Heimatstadt Tiblissi sei nicht die schönste, erläuterte die Autorin, aber es sei ihr die liebste. Außerdem sei es eine Geschichte von zwei Menschen, die ihr Bestes tun, zwei anderen Menschen dabei zu helfen, ihre Liebe zu finden. Anna Kordasia-Samadaschwili berichtete dem aufmerksamen Publikum von einer sagenumrankten Brücke, die auch für die Geschichte ihres Romans zentral ist: Küssen sich zwei Liebende auf dieser Brücke und hören anschließend ein Klatschen vom Berg dahinter, sei dies von Taschi, einem Prophet. Dieser behaupte, dass Gott neidisch sei, weil Homer blind wurde, Beethoven taub und er, als begabter Maler, keine Hände mehr hatte. Anna Kordasia-Samadaschwili beschreibt sich selbst als fantasielose Autorin, die beschriebene Dinge erfahren haben muss, um diese aufzuschreiben. So habe sie sich für dieses neue Werk der Sage Schuschaniks bedient.

(Amandine Olbort)


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