Am 22. Oktober um 19 Uhr ist Kurzeck-Kenner Rudi Deuble auf Einladung des Oberhessischen Geschichtsvereins zu Gast im Netanya-Saal im Alten Schloss am Brandplatz.
»Das Dorf steht auf einem Basaltfelsen.« Zum ersten Mal in Peter Kurzecks literarischem Werk findet sich dieser emblematische Satz in seinem 1987 erschienenen Roman Kein Frühling, und dann, oft auch mehrmals, in allen folgenden Büchern mit Ausnahme des zwar erst drei Jahre später erschienenen, aber in weiten Teilen vor Kein Frühling entstandenen Keiner stirbt. Der Roman, heißt es in einer Anmerkung des Verlags im Klappentext der ersten Auflage, »führt den Leser durch die Chronik des oberhessischen Dorfes Staufenberg bis in die Dämmerung der 50er Jahre. In seinem nächsten Buch wird der Autor weitererzählen bis in die jüngste Geschichte dieses vergessenen Ortes«. Dazu kam es erstmal nicht. 1990 folgte der Roman Keiner stirbt, der uns auf eine erstaunliche Reise von Gießen nach Frankfurt und zurück führt.
Aber 1991 beginnt Peter Kurzeck mit der Arbeit an einem dezidiert autobiografischen Roman, anfangs freilich noch ohne zu wissen, dass dieses Erzählen in eine schließlich auf zwölf Bände umfassende Romanreihe hinauslaufen sollte: Das alte Jahrhundert. Die erste Hälfte des für ihn so besonderen Jahres 1984 sollte Tag für Tag erzählt werden. Und so wird Staufenberg wieder zum Bezugspunkt, denn genau in diese Zeit fällt die Arbeit an seinem Dorfroman Kein Frühling. Immer wieder kehren so die Erinnerungen nach Staufenberg zurück, immer wieder werden wir Zeuge, wie der Autor das Dorf jeden Morgen in Frankfurt schreibend »um sich herum von neuem aufbaut«, wie das Dorf wieder mit ihm spricht. Mit Band fünf des alten Jahrhunderts, dem Roman Vorabend erhalten wir schließlich die vom Verlag versprochene Fortsetzung zu Kein Frühling. In Vorabend, so Kurzeck, wird »die ganze Gegend, die Zeit« bis in die siebziger Jahre hinein erzählt.
Wie erzählt Peter Kurzeck »die Zeit«, wie erzählt er die Geschichte eines Dorfes, einer Region in einer Epoche grundlegenden Wandels aller Lebensverhältnisse in der Provinz? Ist er Chronist, »radikaler Biograph«? Geschichten und Geschichte, Versuch einer Näherung.
Rudi Deuble, geb. 1952, Studium der Germanistik und Politikwissenschaft, betreute ab 1990 beim Verlag Stroemfeld/Roter Stern Peter Kurzeck und ist Herausgeber seines Nachlasses.
Der Eintritt ist frei, sowohl für Mitglieder des Oberhessischen Geschichtsvereins, als auch für Nicht-Mitglieder. Spenden sind willkommen. Eine vorherige Anmeldung ist nicht nötig.